Bericht vom 11.7.2012
Taping: Bunte Klebebänder als Therapie
Spitzensportler und Physiotherapeuten tapen neuerdings: Sogenannte
Kinesiotapes fördern Heilung und Durchblutung.
Spätestens seit ein Italienischer Stürmer
im EURO-Halbfinale gegen Deutschland seine drei blauen Tapes am Rücken zeigte, ist Taping ein Trend-Thema. Doch die
verschiedenfarbigen, breiten Klebebänder zur Schmerzreduktion und Förderung der
Durchblutung sind nicht ausschließlich dem Profisport vorbehalten. Mitunter
begegnet man auch mäßig sportlichen 70-Jährigen, deren Arm zum Beispiel ein
pinkfarbenes Klebeband ziert.
Von Masseuren und Physiotherapeuten werden die Bänder schon lange zur
Therapie und Vorbeugung von Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates
angewendet. "Sie passen in alle Gesundheitsbereiche. Bei Kleinkindern können sie
ebenso eingesetzt werden wie bei Übergewichtigen", sagt Heilmasseur Peter Kreil.
Er leitet den Österreich-Vertrieb des sogenannten "Kinesio-Taping", das es seit
1979 gibt.
Zweite Haut
Die elastischen Bänder bestehen aus Baumwolle, der Kleber ist in einer
speziellen Wellenstruktur aufgetragen, die sie atmungsaktiv macht. Die
Klebebänder sollen die Eigenschaften der Haut simulieren. "Diese ähnliche
Struktur ist die Voraussetzung, dass das darunterliegende Gewebe stimuliert
wird", betont Kreil. Durch die besondere Beschaffenheit des Tapes wird die Haut leicht angehoben. "So kann
das Tape den Stoffwechsel anregen, aber auch den Abfluss von Stauungen und
Abfallprodukten erleichtern. Es erzeugt keinen Gewebedruck und entlastet die
Schmerzsensoren." Ebenso aktiviert das Band die Bewegungsrezeptoren. "Das
vermittelt Halt und verbessert das Bewegungsgefühl."
Sportwissenschaftliche Studien zum Kinesiotaping sind allerdings rar. Erst
kürzlich kamen neuseeländische Forscher zum Schluss, die Tapes seien bereits
etablierten elastischen Bändern nicht überlegen. Therapeuten wie Kreil, aber
auch Betroffene, sehen das anders. Vielen Patienten gehe es damit besser. "Der
durch die Klebebänder aufgebaute Druck aufs Gewebe lehrt den Körper, wieder in
sein natürliches Bewegungsmuster zu kommen."
Stimuliert werden ebenso die Faszien (feine, für die Körperstabilität
wichtige Bindegewebsteile) sowie die Nerven. "Damit wirken Tapes bis ins Gehirn,
wo der Schmerz entsteht." Um dem Gehirn aber so wenig Fehlinformationen wie
möglich zu liefern, werde auf die Haut möglichst wenig Druck aufgebaut. Darüber
hinaus wirkt das Tape auch regulierend, etwa bei Spannungszuständen oder als
Prävention.
Also in Zukunft bei Verspannungen lieber Tapes kleben statt eine Massage zu
buchen? Kreil: "Tapes sind die ideale Ergänzung. Sie verstärken die Wirkung."
Aber auch beim Taping bleibt niemandem erspart, selbst etwas aktiv zur
Verbesserung des Körpergefühls beizutragen. Das ist für 70-jährige Normalbürger
nicht anders als für Profisportler.
Hat Blau eine andere Wirkung als Rot oder Gelb?
Masseur Kreil: „Die Bänder unterstützen den
Stoffwechsel. Sie vermitteln Halt und verbessern das Bewegungsgefühl“
Rot, Blau, Schwarz oder Rosa – wirken die Farben der Klebebänder
unterschiedlich? Das wird innerhalb der verschiedenen Taping-Richtungen
kontroversiell diskutiert.
Peter Kreil, Österreich-Vertreter der ursprünglichen Methode aus Japan
"Kinesio-Taping": "Es gibt keine Hinweise auf unterschiedliche Farbwirkungen.
Die Taping-Technik ist ausschlaggebend." Er räumt aber ein, dass die
Lieblingsfarbe die Heilung unterstützen kann. "Das berechtigt den Einsatz
verschiedener Farben."
Ganz anders argumentiert Martina Sielmann, Geschäftsführerin der
registrierten Marke "Medi-Tape". Man habe die ursprüngliche Technik
weiterentwickelt und vertrete einen ganzheitlicheren Ansatz: "Für erfolgreiches
Tapen macht die Farbe sehr wohl etwas aus. Wir achten darauf, wie jemand auf
eine bestimmte Farbe reagiert, und versuchen, auf die Farbenlehre
einzugehen."
Farben verfügen über unterschiedliche Wellenlängen des Lichtspektrums. Diese
Wellen würden auf die Haut treffen und entfalten dort ihre energetische Wirkung.
Sielmann: "Rot steht für Wärme und Kraft, das assoziieren viele Menschen damit.
Blau wiederum soll helfen, Energiestaus – etwa bei Schwellungen – zu
beseitigen."
Auch wegen der Berücksichtigung der Farbwirkungen sind die "Medi-Tape"-Bänder
breiter und werden großflächiger am Körper angebracht.
Info: Unterstützung bei Verletzungen
Geschichte Der japanische Chiropraktiker Kenzo Kase
entwickelte in den 1970er-Jahren Klebebänder, um die Heilung von Verletzungen zu
unterstützen.
Anbieter In Europa wird Kinesio-Taping seit rund zehn
Jahren praktiziert. Pro Behandlung muss man (je nach Anbieter) mit 15 bis 35 €
rechnen. Therapeutenlisten: www.kinesio-austria.at oder
www.medi-tape.de
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